Tag 08
Ihre Geschichte ist nicht nur ihre Geschichte.
Sie denkt an ein Gefühl wie eine Brandwunde.
An manchen Tagen fasern ihre Lippen, zerfasert der Mund.
Hinter ihr ist alles aufgebrochen, dennoch tritt sie beim Aussteigen auf festen Boden.
Das Wund bleibt stehen.
text by Katharina J. Ferner
01
Ihr wird ein Geheimnis zugetragen, das sie selbst sein muss.
Sie erinnert sich an alle Ungeschehnisse.
Ob sie Fieber bekommt.
Die Augen glänzen ein wenig und der Kopf hitzt.
Sie ist immer zu jung.
02
Im Traum wird sie mehrmals ohnmächtig.
Das Aufwachen ist durchscheinend.
Tage, an denen sie sich nicht im Spiegel findet.
Die Kleidung schlackert um ihre Arme herum.
Sie verblasst.
03
In dir muss Flaute herrschen.
Sie wundet in sich hinein, doch das Rot versiegt nicht, wie es sollte.
Der Zyklus ist aus dem Takt.
Seither versucht sie Aufenthalte in Waschräumen möglichst knapp zu halten.
Die Angst heilt nicht.
04
An die Stelle der Wut tritt ein neues Kind, das sie nicht beschützen kann.
Sie schreibt.
Ich habe alles in Ordnung gebracht,
aber die Ordnung bleibt Unordnung für dich.
Sie sagt. Es tut mir leid.
05
Sie betrachtet die Stille.
Das Wort, das sie eigentlich sucht, ist Nein.
Ihre Grenzen verlegt sie immer tiefer in sich hinein,
(bis kein Land mehr darin bleibt).
Schließlich Verjährzorn.
06
In ihrem Kopf passiert Gewalt.
Sie schaut an den Stellen hin, bei denen andere die Augen verschließen.
Immer wird über den Zustand gesprochen,
selten über das, was bleibt.
Die Suchmaschine antwortet stets in einer Enttäuschung.
07
Um den Überschreitungen Herrin zu werden,
erlaubt sie sich keine Zweifel.
Sie trägt die Hoffnung flüsternd hinter dem Ohr.
Sie beginnt Abgründe zu vermeiden.
Sie wird zur Kränkung.
08
Was, wenn der Tatort ein Körper ist.
Sie übermalt die Lippen in Sichtfarben.
Die Narben der Verbrennung lassen einen Wulst hervorquellen,
an dem jegliches Material scheuert.
Ihre Geschichte ist nicht nur ihre Geschichte.
text by Katharina J. Ferner